Um eine gute Halfterführigkeit bei Kälbern zu erreichen, speziell eines aus der Milchindustrie (also eines, das sich nicht an seinem Muttertier orientieren kann) ist es wichtig mit viel Ruhe und Geduld an die Sache zu gehen, gerade wenn das Kalb allein in einer Kälberhütte steht und sich somit dem Alter entsprechend nicht richtig „auslasten“ kann.
Bei mir hat es bei meinen drei Trainingskälbern am besten geklappt, ihnen erst einmal so viel Raum und Zeit zu geben, wie sie eben benötigten und wer hätte es gedacht: Alle drei haben unterschiedliche lange gebraucht, um wirklich ordentlich am Halfter laufen zu können. Und das ist vollkommen in Ordnung so.
Das soll jetzt nicht heißen, dass man sich permanent von dem Kalb durch die Gegend ziehen lassen soll, es heißt aber, wenn das Kalb zu einem Eimer laufen will, weil der Eimer gerade interessant wirkt, dann gehen wir eben zu dem Eimer, denn ein Kalb ist ein Baby und die wollen in erster Linie mit ihrer angeborenen Neugierde die Welt entdecken und das vollkommen unvoreingenommen, sprich also auch ohne beim Spazieren gehen groß daran zu denken, dass sie einen ja „dominieren“ wollen. Zum anderen ist es wichtig und gut, wenn sie ihre Umwelt ohne Angst und Zeitdruck kennenlernen, um später entspannt am Halfter laufen zu können, wenn sie wissen, dass ihre Umgebung ihnen nichts tut, weil sie gelernt haben, dass der Eimer neben dem Weg eben nur ein Eimer ist.
Meistens habe ich es so gehandhabt, dass ich, wenn sie Rennen wollten, (Was in ihrem jungen Alter ein absolut normales Bedürfnis ist, welchem man bitte nachgehen sollte) ich mit ihnen in einen eingezäunten Bereich gegangen bin und sie dort rennen, spielen, schnuppern, mit Blättern spielen, aus Eimern trinken (Wasser) durften so viel sie wollten. Das ist auch dahingehend gut, dass das Kalb verknpüfen kann, mit dir hat man Spaß.
Wenn es gerade am Halfter läuft, darf das Kalb eigentlich überall hinlaufen wo es will und ich schaue einfach, dass ich dabei bleibe und der Strick NICHT auf Zug kommt, das ist absolut wichtig, denn wenn das Kalb das Halfter mit dem Zug (also etwas negativem) assoziiert, wird es später oft schwieriger, ihm zu verklickern, dass brav am Halfter laufen doch etwas tolles ist. Dann hat man teilweise nämlich ein Rind, dass einfach stehen bleibt und nicht weiter läuft oder rückwärts rennt.
Abgesehen davon, laufen die meisten Kälber einem sowieso freiwillig hinterher, was man sich in dem Fall zunutze machen kann. Also einfach immer weiter schön in dem Verhalten bestärken und dafür belohnen.
Natürlich gibt es auch Orte, wo ein Kalb nicht unbedingt hin sollte, zum Beispiel Richtung Straße, da handhabe ich es so, dass ich den Weg, in den das Kalb nicht gehen soll, mit meinem Körper blockiere und es ganz sanft in eine andere Richtung schiebe und dabei darauf achte, dass kein Zug auf dem Strick ist. Das hat bei allen dreien sehr gut geklappt. Man muss nur darauf achten, dass man sich vorne an dessen Schulter positioniert, denn da wo der Kopf nicht hinschauen kann, geht das Rind auch nicht lang.
Mit der Zeit bitte ich das Kalb über meine Körperhaltung dann mit mir zu kommen und früher oder später gehen sie darauf ein. Mein zweites Trainingskalb Mr Muh hat das sehr schnell verstanden, Findus dagegen war anfangs einfach sehr stark an seiner Umgebung interessiert und weniger am
Ganz einfach. Mit der Zeit lade ich das Kalb immer wieder ein, mit mir mitzukommen, indem ich mich vor es oder neben es stelle, freundlich sage „komm“ und mit meiner Körpersprache zum mitgehen einlade. Das hat für mich den enormen Vorteil, dass du dem Kalb solange Zeit gibst, sich zu entwickeln, bis es wirklich in der Lage ist, zu verstehen, was du von ihm willst, bis es wirklich fähig ist, auf deine Signale einzugehen, denn du bist keine Kuh und das weiß es auch.
Mit der Zeit wird es immer öfter auf deine Bitte eingehen, hier kannst du es, wenn es gut gehört hat, dafür loben, indem du es am Bauch oder am Hals kraulst, was viele Kälber sehr gerne haben oder ihm Leckerlis gibt (Kälbermüsli, Kraftfutter, Äpfel, was auch immer es gerne isst). Dadurch lernt es, dass es nicht nur Spaß macht, mit dir mitzukommen, sondern dass es sich wirklich lohnt.
Natürlich wird es Tage geben, da klappt es besser und an anderen klappt es weniger gut. Mit der Zeit wird es sicherlich auch unvermeidbar werden, dass kurz Mal Zug auf dem Halfter ist, aber das ist in Ordnung. Wichtig hier ist nur, dass man keinen kontinuierlichen Zug auf das Halfter ausübt, da sich die Kälber und später Rinder, dann ganz gerne mit ihrem kompletten Gewicht ins Halfter lehnen und wenn sie später einmal mehrere hundert Kilo wiegen, wird das nicht mehr so klappen, wie man das will. Statt zu ziehen, empfiehlt ich immer ein kurzes Zupfen am Strick, so spüren sie dennoch, das Halfter, können sich aber mit ihrem Gewicht hineinlehnen, da sie sonst dsa Gleichgewicht verlieren würden.
Und noch einmal (weils so schön ist) jedes Rind lernt anders schnell. Nur weil das eine nach 4 Wochen perfekt am Halfter laufen mag und das andere mit 2 Monaten immer noch lieber in der Weltgeschichte herum watschelt, heißt das nicht, dass das eine oder das andere besser oder schlechter ist. Vielleicht braucht das eine länger bei der Halfterführigkeit, lernt dafür aber viel schneller Bodenarbeitslektionen oder Tricks, hört später feiner auf Körpersprache oder hat vielleicht sogar eine „nettere“ Pubertät. Das weiß man alles nicht. Man sollte den Kälbern einfach die Zeit geben, sich zu entwickeln und Spaß dabei haben! Pferde als Beispiel müssen kaum bis nichts lernen, bis sie drei Jahre alt sind.
Also lass euch ruhig Zeit, ihr verbringt immerhin die nächsten 18-25 Jahre miteinander, deswegen lieber am Anfang mehr Zeit investieren, beziehungsweise schenken und dann später weniger Ärger haben:)