Beim Höflichkeitstraining kann das zu belohnende Verhalten zum einen die Nullposition sein, welche erreicht ist, wenn alle vier Klauen auf dem Boden stehen und der Kopf gerade in einer Linie mit dem Rücken nach vorne ausgerichtet ist. Wenn das Rind jedoch sehr aufdringlich ist und es nach Minuten des Trainings immer noch nicht in der Nullposition verharrt ist, kann man alternativ auch jegliches Abwenden von einem belohnen, was ich zum Beispiel bei Rubi im Video unten gemacht habe.
Wichtig ist, sobald das Rind dann wegschaut oder in der Nullposition verharrt, clicken oder markern und dann sofort das Leckerli geben. Das Timing ist hier wichtig, dass das Rind das Click auch mit dem Leckerli verbindet. Man sagt so spätestens eine Sekunde nach dem Ertönen des Clicks sollte das Leckerli vor der Rindernase sein. Wenn der Click einmal aufgeladen ist, sprich das Rind versteht: Click=Futter, muss man sich nicht mehr so beeilen, da die Verbindung im Kopf ja schon hergestellt ist und man kann dann auch mit der Futterposition variieren.
Bei Rindern, die sehr gerne sehr nah kommen, lohnt es sich den Futterpunkt nach außen zu verlegen, sprich das Rind mit ausgestrecktem Arm weit von der Körpermitte entfernt zu belohnen.
Es kann passieren, dass das rüpelhafte Verhalten während des Höflichkeitstrainings schlimmer wird, dies ist meistens der Fall wenn Futterfrust im Spiel ist. Das Rind versteht zu Beginn natürlich noch nicht, wann es nun Futter gibt und wann nicht. Wir können es ihm ja schlecht erklären, ansonsten wäre die ganze Übung unnötig. weil das Rind einfach nicht versteht, wann es denn nun Leckerlis gibt und wann nicht, diese Unsicherheit kann zu Frust führen.
Dann kann sich wie beschrieben ein protected Contact anbieten oder man muss sein Trainingssetting überdenken.
Rubi ist hier nur ein Fallbeispiel für Höflichkeitstraining, alles was ich bei ihr angewendet habe, kann in einem anderen Fall helfen, kann aber auch hinderlich sein. Dennoch denke ich, dass ein Beispiel helfen kann, um zu sehen, wie so ein Training aussehen kann oder auch, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wenngleich es keine Trainingsanleitung ist, denn Tiere sind genauso individuelle Wesen wie wir Menschen auch.
Ich kannte Rubi und konnte damit ihr Verhalten zu jedem Zeitpunkt einschätzen. Sie war sehr aufdringlich und in anderen Fällen hätte ich definitiv mit einem protected contact gearbeitet, um meinen eigenen Schutz zu gewährleisten, denn wie man im Video sieht hat auch kein Positionswechsel sie davon abhalten könnten, mir immer wieder auf die Pelle zu rücken.
Des Weiteren hat Rubi während des Trainings Anzeichen von Frust gezeigt und wollte teilweise aktiv Leckerli einfordern. Das kann gefährlich werden, war bei Rubi allerdings noch im Rahmen, wodurch ich bei diesem Trainingssetting geblieben bin und es nicht geändert habe.
Ich habe hier ganz bewusst auch nicht die Nullposition belohnt, sondern jegliches von mir abwenden, um die Belohnungsintervalle kurz zu halten und ein schnelleres Lernen zu bewirken, wodurch ich dem Frust minimal entgegenwirken konnte.
Die Trainingssession ist natürlich verschnellert und gekürzt. Im Original haben wir 30 Minuten gearbeitet, dabei habe ich darauf geachtet, dass Rubi zu jeder Zeit aktiv dabei war und aufgehört, als ich das Gefühl hatte, sie hat nun verstanden, was ich von ihr wollte. Natürlich ist es mit einem Mal Training nicht getan. Um das Verhalten zu festigen, braucht es wie bei jedem Lernen, mehrere Widerholungen, dennoch kann man im Video sehen, dass man relativ schnell gute Ergebnisse erzielen kann, wenn man konsquent und geduldig dabei ist.
Viel Spaß beim Video 🙂
In den nächsten Sessions würde ich das ganze verfestigen, da es wie beschrieben ja von einem Mal noch kein festsitzendes Verhalten ist. Außerdem würde ich mehr auf Abstand üben. Sie kam jetzt immer noch sehr nah und blieb dicht bei mir stehen. Ich hätte dann mit ihr geübt, dass der Futterpunkt einfach weiter außen liegt