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Selbstreflektion im Training

Ich weiß, das hat jetzt nichts direkt mit den Methoden des Rindertrainings zu tun, dennoch finde ich, dass die Selbstreflexion eines der wichtigsten Fähigkeiten bei der Arbeit mit Tieren ist.

"Selbstreflexion bezeichnet die Tätigkeit, über sich selbst nachzudenken. Das bedeutet, sein Denken, Fühlen und Handeln zu analysieren und zu hinterfragen mit dem Ziel, mehr über sich selbst herauszufinden."

So heißt es auf Wikipedia.

Selbstreflektion im Training

Was bedeutet das also nun konkret für das Rindertraining?

Es bedeutet, dass man auch vorher, während oder spätestens nach dem Training über seine eigenen Handlungen, seine Vorraussetzungen und die Reaktionen des Rindes nachdenkt und gegebenenfalls auf Sinnhaftigkeit überprüft.

Das Rind verweigert gerade eine bestimmte Tätigkeit auszuführen? Hier könnte man sich fragen, macht es das wirklich unter dem vermeintlichen Vorwand der Dominanz oder des Grenzen testens oder vielleicht doch nur, weil es vielleicht einen schlechten Tag hat, es kein Vertrauen in die Übung an sich hat oder die Anweisung vielleicht nicht klar genug war.

Oder es will gerade keinen Schritt weitergehen? Liegt dass dann wirklich daran, dass es stur ist und sich wiedersetzen will oder vielleicht weil es etwas gesehen hat, was ihm Angst bereitet, es Schmerzen hat oder vielleicht auch einfach wieder nach Hause gehen will?

Und jedes Mal, wenn man das Rind zu irgendetwas zwingt, weil „es ja gefälligst gehorchen soll“ oder es „das doch auch mal für mich tun kann“, sollte man sich immer fragen, was hat das jetzt bitte für einen Mehrwert? Ist dieser Streit mehr wert, als der Spaß, den man haben könnte, wenn man auf die Wünsche des Rinds eingehen würde. Ist die Befriedigung des eigenen Egos in diesem Moment so viel wichtiger, als das Bedürfnis des Rindes sich die Gefahr erst einmal aus sicherer Entfernung anzusehen, bevor es weiterläuft?

Das muss jeder für sich in dem Moment selbst entscheiden. Fakt ist dennoch, dass es wichtig ist, die Fähigkeit zu besitzen, eben in solchen Moment einen Schritt zurücktreten und die ganze Sache noch einmal aus einen anderen Blickwinkel analysieren zu können. Selten hat das wiedersetzende Verhalten eines Rinds wirklich etwas damit zu tun, dass es „dominant“, „ignorant“ oder „stur“ ist.

Es gibt tausend Gründe, warum ein Tier gerade etwas nicht möchte und es ist selten ein „ich hab kein Bock auf dich“ oder ein „ich möchte jetzt nicht, weil ich testen will, wer am längeren Hebel sitzt“.

In einer Patnerschaft sollten immer die Wünsche und Grenzen beider Seiten anerkannt und respektiert werden, nicht nur jene des Menschen, der zu jeder Sekunde die Entscheidungsgewalt in der Hand hält.

Deshalb ist es so wichtig sein eigenes Verhalten auch mal selbstreflektieren zu können, um festzustellen, dass das was man das Rind in dem Moment gefragt hat zu tun, vielleicht wirklich nicht das passendste in der Situation war oder, dass man vielleicht unfair dem Rind gegenüber war, weil man selbst einen schlechten Tag hatte und man in einem anderen Setting ganz anders reagiert hätte.

Ich hoffe ihr konntet hiervon etwas mitnehmen:)
Habt ihr schon Erfahrung mit dem Thema oder nutzt ihr es im Training?